EINBLICKE IN DIE INDIVIDUAL PSYCHOLOGIE
"Nicht die Erlebnisse diktieren unsere Handlungsweisen, sondern die Schlussfolgerungen, die wir aus diesen Erlebnissen ziehen.“ Alfred Adler
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GRÃœNDER DER INDIVIDUALPSYCHOLOGIE
Alfred Adler begründete und entwickelte eine der drei klassischen Schulen der Tiefenpsychologie.
Das Wort „Individualpsychologie“ leitete er vom lateinischen Wort „individere“ (unteilbar) ab und betrachtete somit den Menschen als ganzheitlich als Einheit von Körper, Geist und Seele. Wir sind also nicht nur geistige Wesen, wir sind auch nicht nur materielle Wesen, sondern es gehört immer dieser Dreiklang zusammen: Körper, Geist und Seele. Man darf sich das als einen Komplex mit vielen verschiedenen Faktoren und deren Wechselspiel untereinander vorstellen. Getreu dem Motto „Alles wirkt auf Alles“. Demzufolge funktionieren alle Teile eines Menschen wie Gewissen, Gefühle, Seele, Geist und Körper in Einklang und gemeinsam auf ein Ziel hin.
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"WIR SIND NICHT IN DER LAGE ZU DENKEN, ZU FÃœHLEN, ZU WOLLEN, ZU HANDELN, OHNE DASS UNS EIN ZIEL VORSCHWEBT." Alfred Adler
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Um das Verhalten eines Menschen zu erklären, haben wir prinzipiell zwei Möglichkeiten: Wir können entweder über dessen Ursachen nachdenken (Warum macht er das? -Er macht das, weil..) oder aber über die Ziele seines Handelns (Wozu macht er das? - Er macht das, um zu..). Das eine nennt man eine kausale Erklärung (causa: Grund, Ursache), das andere eine finale (finis: Ende, Ziel, Zweck). Natürlich schliessen sich diese beiden Erklärungsansätze nicht aus: Ein Verhalten kann ja sowohl Ursachen haben als auch Ziele. Seit 1912 jedoch bemühte sich Alfred Adler vorrangig um das finale Verstehen, weil ihm die Zweckursächlichkeit therapeutisch ergiebiger als die Wirkursächlichkeit erschien. Insbesondere weil die Kausalität ihre Grenzen hat, so gibt es unzählige Gründe warum jemand tut was er tut. Wir könnten dies bis in den Mutterbauch zurückverfolgen. Des Weiteren liegt die Kausalität (Anlage, Vererbung, Erziehung, Triebe, etc.) in der Vergangenheit und man kann es, da es ja bereits geschehen ist, nicht mehr ändern wohingegen die Finalität (Ziel, Zweck, Ende) vor uns steht und änderbar ist.
Die Individualpsychologie geht von der Grundannahme aus, dass alle menschlichen Verhaltensweisen und Ausdruckssignale zielgerichtet sind: Wir handeln, um etwas zu erreichen oder um etwas zu vermeiden. Das zielorientierte Verhalten ist also mit einem persönlichen Nutzen verbunden.
Am Ergebnis sehen wir die wahre Absicht, die einer Handlung zugrunde liegt. Wenn du also wissen willst, was du willst, musst du schauen, was du tust und was das Resultat dabei ist. Die bewusste oder unbewusste Absicht lässt sich also aus der beobachteten Wirkung erschliessen. Wir sehen Ziele als Beweggründe des Verhaltens. Somit dürfen wir das Endergebnis / die Konsequenz unserer Handlung als unsere eigene bewusste oder unbewusste Entscheidung annehmen und die Verantwortung dafür tragen. Wir kommen aus dem passiven Standpunkt „Ich habe dies gar nicht so gewollt“ heraus und gehen in einen aktive über „Ich habe dies so gewollt und wenn nicht hätte ich mich ja auch anders entscheiden können“. Wir werden zum Gestalter unseres Lebens. Wir wissen und fühlen, dass wir etwas bewirken können. Dies ermutigt und wir werden uns unserer Selbstwirksamkeit bewusst.
Die Finalität ist eine tiefsitzende, meist unerkannte bzw. unbewusste Zielstruktur die den Zweck verfolgt sich seine eigenen Grundüberzeugungen zu bestätigen. Erst die Bewusstmachung der Fernziele, durch Selbstreflexion oder im Heranziehen einer Fachperson, schenkt uns die Möglichkeit eine gewünschte Veränderung vorzunehmen.
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"MENSCH SEIN HEISST, SICH MINDERWERTIG ZU FÃœHLEN." Alfred Adler
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Das Minderwertigkeitsgefühl ist das unangenehme Erlebnis der eigenen Unzulänglichkeit oder Unterlegenheit gegenüber anderen in einzelnen Situationen. Der Mensch ist nicht nur ein strebendes, sondern auch ein wertendes Wesen. Fühlt er das Minderwertigkeitsgefühl, so ging dem Gefühl ein Urteil der „unteren“ (machtlosen) Position oder auch „Minussituation“ bei seiner Selbsteinschätzung voraus. Das Minderwertigkeitsgefühl ergibt sich daraus, wie sich jemand durch andere eingeschätzt meint oder wie er sich selbst entsprechend seinen Wertmassstäben im Vergleich mit anderen einschätzt. Die ursprüngliche Quelle des Minderwertigkeitsgefühls liegt also im Vergleich. Weil wir uns nicht unten fühlen wollen und auch nicht unten bleiben können, bewegen wir uns immer wieder nach oben. Alles was uns hilft uns wieder oben zu fühlen und den anderen als unten zu erleben, alles ist dafür geeignet.
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Wir werden in einem Zustand vollkommener Hilfslosigkeit und Abhängigkeit geboren. Ohne ein erhebliches Mass von Gemeinschaftsgefühl der uns nahestehenden Menschen, könnten wir gar nicht bestehen. So sind wir auch vom Standpunkt der Natur aus gesehen ein minderwertiges Wesen. Aber die dadurch entstehende „Unsicherheit“ wirkt auf uns als ein fortwährender Reiz, eine Art Antriebsfeder um diese Diskrepanz zu überwinden. Das Gefühl der Unvollkommenheit spornt stets unser Tun an, mehr Sicherheit, mehr Kenntnisse, mehr Fertigkeiten zu entwickeln und besser zu werden somit ist es die Grundlage der Menschheitsentwicklung. Deswegen ist das Minderwertigkeitsgefühl durchwegs als ein Segen, ein Fortschritt, ein Streben, ein sich Entwickeln zu betrachten ohne das man sich ein Leben nicht vorstellen könnte und es ist unsere Stütze zur Entfaltung unseres wirklichen Potentials. Alle Menschen haben das Minderwertigkeitsgefühl die einen mehr die anderen weniger und zwar nicht nur in den frühen Kindheitsjahren sondern auch als Erwachsener.
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Mit dem Vollkommenheitsstreben versuchen wir die Vorstellung von Zielen zu konkretisieren. Daher; Dort will ich hin, das will ich können, das will ich verstehen, das will ich besitzen. Subjektiv gesehen „von einer empfundenen Minussituation“ weg zu einer „plus Situation“. Dieses Streben von unten nach oben erklärt nicht nur die Entwicklung des Individuums auch die Entwicklung der ganzen Menschheit.
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Zitat von Theo Schoenaker;
„Das Vollkommenheitsstreben ist wie der Wind, der die Segelschiffe vorwärts treibt aber die Richtung bestimmt der Steuermann. Das Streben haben wir alle aber wir unterscheiden uns durch die Richtung, die wir dieser Antriebskraft geben.“
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Wir können unser Minderwertigkeitsgefühl zum Wohle der Gemeinschaft einsetzen und einen positiven Beitrag leisten oder wir benutzen dies negativ und versuchen mit einem enormen Energieverbrauch unseren Selbstwert durch Überlegenheit, Machtstreben, Ich-Bezogenheit und durch Abwerten anderer zu sichern. Hierbei geht es dann nicht mehr um das eigene Potential weiter zu entwickeln und zu fördern sondern um sich überlegener, grösser, besser und einflussreicher als andere zu fühlen. Diese Überkompensation währt nicht lange, denn schon bei dem nächsten Vergleich stürzt man von der Überlegenheit in die Unterlegenheit und der Teufelskreis nimmt seinen Lauf.
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Wir befinden uns grundsätzlich mit allen Mitmenschen auf der gleichen Ebene der Gleichwertigkeit. Durch unser Menschsein sind wir wertvoll einschließlich all unserer Unzulänglichkeiten. Daher „Ich fühle meinen eigenen Wert und anerkenne, dass alle Individuen in ihrer Einzigartigkeit wertvoll und wichtig sind. Ich schliesse sie mit ein mit dem Gedanken; Ich bin ok – Du bist ok.“